Morgen ist erst nächstes Jahr

Es ist doch kaum zu glauben: Seit zehn Jahren warten die Radsportfans darauf, dass es bei Paris – Roubaix Anfang April mal wieder so richtig schön nass und schmutzig ist. Auf der anderen Seite ist mit schöner Regelmäßigkeit Dauerregen angesagt, wenn sich die Tour de France Anfang Juli ins nördliche Westeuropa verirrt.

 

Das war schon 1992 so, als die 8. Etappe am 12. Juli von Valkenburg nach Koblenz führte, und in der jüngeren Tour-Geschichte 2009 in den Vogesen ebenso wie 2010 in den Ardennen. Jene 2. Etappe am 5. Juli erinnert auch deshalb an den Nordfrankreich-Besuch der diesjährigen Tour, weil mit Andy Schleck ein Mitfavorit stürzte, was zu einem Bummelstreik der Fahrer führte. Immerhin hatte der spätere Sieger mehr Glück als sein Bruder Fränk, der sich am folgenden Tag (allerdings bei trockenem Wetter) auf dem Pavé das Schlüsselbein brach.

Wenn Sie diese Zeilen lesen, ist die Tour 2014 so gut wie vorbei und die Enttäuschung über den Ausstieg des Vorjahressiegers Chris Froome wird verflogen sein. Im Moment des Schreibens jedoch sind die Eindrücke noch frisch und die Frage kommt auf: Muss der Tour-Auftakt immer wieder so extrem sein? Oder geht es letztlich gar nicht anders, weil der Druck so hoch, die Nervosität so groß und die Ambitionen so gewaltig sind? Als Titelverteidiger Froome an jenem 9. Juli geknickt ins Auto stieg, brachte er uns jedenfalls mal wieder eine alte Radsportweisheit nahe: Morgen ist erst nächstes Jahr. Und etwas, von dem man elf Monate lang geträumt hat, kann ganz plötzlich wieder ganz weit weg sein.
 
Caspar Gebel
Redaktiion


Cover Procycling Ausgabe 126

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