Insider – Vorfreude auf die Saison – Marcel Kittel

Ein altes Sprichwort sagt: „Nach dem Rennen ist vor dem Rennen.“ Und ich kann euch eines sagen: Ich kann meine ersten Wettkämpfe kaum mehr erwarten.

 

Der Winter dauert nun schon lange genug, sodass es nach der ewigen Trainingsperiode wirklich Zeit wird, den Puls wieder in die Höhe zu treiben. Auch freue ich mich darauf, euch ab sofort jeden Monat von meinem Rennalltag zu berichten. Ich hoffe, dass ich euch so viele Hintergrund-Infos wie möglich liefern kann.

Ich schreibe euch diese Zeilen aus San Diego, Kalifornien. Mein Team führt hier gemeinsam mit unserem Rad-Sponsor Felt Windtunneltests durch, um so bei den Rennen die entscheidenden Sekunden einsparen zu können. Eine interessante Geschichte, die zu den organisatorischen Dingen im Vorfeld einer Saison zählt: Die Einkleidung und die dazugehörigen Fototermine sind weitere Termine, die vor den ersten Einsätzen zu erledigen sind.

Ab dieser Saison werdet ihr mich auch in neuen Farben sehen: grün und weiß. Unser bisheriges Skil-Team hat nämlich einen neuen Hauptpartner gewonnen und heißt ab sofort „Project 1t4i“. Neben dem Sponsorenwechsel gibt es auch einige neue Gesichter in der Mannschaft, die uns weiter verstärken werden: So stößt unter anderem mein ehemaliger Teamkollege beim Thüringer Energie Team, John Degenkolb, zu uns, was mich sehr freut. Er und die anderen Neuverpflichtungen werden uns sicher bereichern. Dabei hoffe ich generell, dass sich alle schnell ins Team integrieren und wir so den Teamgeist er-reichen, den wir im letzten Jahr schon hatten.

Gerade der mentale Aspekt spielt für mich nämlich eine wichtige Rolle. Das gilt nicht nur für die Mannschaft, sondern auch für jeden persönlich. Mich auf diesem Gebiet zu verbessern, ist eines meiner Ziele für das anstehende Jahr. Ich muss lernen, die Dinge lockerer zu sehen – ein Prozess, der nicht von heute auf morgen vollzogen werden kann. Auch möchte ich mich am Berg verbessern. Das heißt nicht, dass ich jetzt Bergfahrer werden will, sondern viel mehr, dass ich etwas besser über kleine Wellen drüber kommen möchte als bisher.

Ansonsten will ich sportlich dort anknüpfen, wo ich 2011 aufgehört habe. Klar – das vergangene Jahr war ein ganz besonderes – aber dennoch mache ich mir selbst natürlich mehr Druck als in der vergangenen Saison. Ich weiß allerdings auch, dass man nichts über’s Knie brechen kann. Für mich heißt das, dass ich versuche, mich nicht allzu sehr zu stressen, und mich einfach konsequent auf meine Höhepunkte vorbereite. Der Rest kommt dann von ganz alleine.
 
Eines dieser Highlights in diesem Jahr könnte natürlich die Tour de France sein. Wenn alles klappt und das Team eine Wildcard bekommt, ist die Teilnahme an der großen Schleife eines meiner Ziele. Wenn ich dann nach Frankreich fahren sollte, möchte ich im Sprint auch um einen Etappensieg kämpfen. Dafür richte ich meine Saison komplett auf die Tour aus. Sicherlich gibt es auf dem Weg dorthin noch einige andere wichtige Rennen, bei denen ich mich zeigen möchte. Das gilt auch für die Zeit nach der Tour: Olympia ist 2012 ein großes Thema. Eine Teilnahme an den Spielen ist ja generell für jeden Sportler reizvoll – so auch für mich. Allerdings ist  es schwierig, schon jetzt so weit vorauszuschauen. Außerdem wird der Konkurrenzkampf für die Startplätze sehr hoch sein. Mal sehen – ich denke, der BDR wird eine gute Entscheidung treffen. Und die fällt natürlich auch aufgrund der Ergebnisse im Frühjahr.

Meine Konzentration gilt daher der ersten Jahreshälfte. Mein Rennplan ist allerdings noch nicht gesichert: Das liegt vor allem daran, dass wir als PKT-Team noch keine Zusagen für die großen Rennen haben. So, wie es aussieht, starte ich mit dem Etoile de Besseges, einem kleinen Etappenrennen in Frankreich, um anschließend die Tour of Oman zu bestreiten. Bis dahin geht erst einmal das Training weiter: Aber wie schon eingangs erwähnt: Ich kann es kaum mehr erwarten, bis der Winter vorbei ist – und dann wird halt wieder ein bisschen Rennen gefahren!
 
Marcel Kittels Profi-Karriere startete Anfang 2011 bei Skil-Shimano. Mit 17 Siegen war der 23-Jährige erfolgreichster deutscher Sprinter der vergangenen Saison. Dieses Jahr wird er in jeder Ausgabe von seinem Rennalltag berichten.


Cover Procycling Ausgabe 96

Den vollständingen Artikel finden Sie in Procycling Ausgabe 96.

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