Schach dem Radsport

Max Schachmann kann nichts dafür, dass ihm die Arbeit Spaß macht. „Ich bin nicht dumm, ich mache das nicht im Training“, scherzte er, nachdem er sich auf einer Berg­kuppe in Portugal am Straßenrand der Länge nach hatte hinfallen lassen. Es war bei der Volta ao Algarve im vergan­genen Frühjahr und er atmete schwer, nachdem er versucht hatte, Remco Evenepoel am Alto do Malhão abzuschütteln, aber er konnte schon über die Intensität des Kraftakts lachen, den er gerade vollbracht hatte. 

Der Profiradsport verlangt zwar ein immer höheres Maß an Askese, aber der Deutsche schafft es, seinen Enthusiasmus für das Unternehmen zu bewahren. In je­nen intensiven Momenten, wo das Rennen explodiert, zeigt Schachmann typischerweise eine Grimasse, die aussieht wie ein Grinsen. Vielleicht ist es beides. 

„Ich mag es, wenn du nicht das normale Spiel mit dem Team spielen musst, wenn du einfach etwas ausprobieren kannst“, sagt Schachmann jetzt zu Procycling. „Ich unterhalte die Zuschauer gerne, alle Leute zu Hause, die zusehen, denn dieser Sport ist besser, wenn jemand etwas versucht, statt einfach da zu sein und auf die letzten 100 Meter zu warten.“ 

Mit seinem leicht tanzenden Stil hinterließ Schachmann seine Visitenkarte beim Flèche Wallonne 2018, und seine Aktien steigen weiter, seit er an der Mur de Huy an jenem Nachmittag fast zum Stillstand kam. Ein Paris–Nizza-Sieg im vergangenen Frühjahr unterstrich seinen Status als kommender Mann des deutschen Radsports und überzeugte Bora–hansgrohe, ihm einen neuen Vertrag mit bemerkenswerter Laufzeit anzubieten: Neben Tadej Pogaar und Wout Van Aert gehört Schachmann zu den wenigen Glücklichen im Peloton, die bis Ende 2024 ein gesichertes Arbeitsverhältnis haben. 

Der Deal wurde bekannt, kurz bevor Schachmann nach pandemiebedingter Unterbrechung mit einem dritten Platz bei einem turbulenten Strade Bianche in die wieder aufgenommene Saison startete. „Ein sehr schönes Rennen, Action vom ersten Kilometer an“, grinst er, aber sein Jahr drohte zwei Wochen später beendet zu sein, als er bei der Lombardei-Rundfahrt mit weniger willkommenem Durcheinander konfrontiert war und von einem Auto zu Fall gebracht wurde, das irgendwie auf die Strecke geraten war.

Die Folgen hätten viel schlimmer sein können, aber er hatte ein gebrochenes Schlüsselbein und Zweifel an seinem Tour-Start. Trotzdem reagierte Schachmann auf den Sturz in gemäßigtem Ton. „Ich will deswegen kein reicher Mann werden. Ich will nur sicherere Straßen haben“, sagte er, und selbst heute gilt sein erster Gedanke seinem Teamchef, der am selben Nachmittag schon Emanuel Buchmann beim Critérium du Dauphiné hatte schwer stürzen sehen. „Es muss einer der schlimmsten Tage in Ralph Denks Leben gewesen sein“, sagt er. 

Die Tour war verständlicherweise eine Qual, selbst wenn Schachmann dank seines Durchhaltevermögens fast einen Etappensieg am Puy Mary geholt hätte. „Ich habe wieder einmal gelernt, dass ein gebrochener Knochen viel Energie kostet“, sagt er lächelnd. Er konzentriert sich lieber darauf, wie es 2020 mit seiner Karriere weiter bergauf ging, statt sich lange mit den Enttäuschungen eines unterbrochenen Frühjahrs und einer mittelmässigen Tour aufzuhalten. „Am Ende war ich wirklich zufrieden mit allem, was ich getan habe, was unter meiner Kontrolle war; so habe ich einen weiteren großen Schritt nach vorn gemacht.“ 


Cover Procycling Ausgabe 207

Den vollständingen Artikel finden Sie in Procycling Ausgabe 207.

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